Karl-Heinz Miederer, geboren 1959, aufgewachsen in ländlicher Region in Franken. Wegen seiner progredienten Muskelatrophie ist er seit seinem 10. Lebensjahr auf einen Rollstuhl angewiesen. Mit 15 zog er in ein Internat und besuchte von dort aus das Gymnasium in Altdorf. Er studierte Psychologie in Erlangen und engagierte sich dort in der Studenteninitiative Behinderte (STIB). 1988 wurde er Mitbegründer, dann Vorstand des Erlanger Zentrums für selbstbestimmtes Leben Behinderter e.V. Er widmete sich dem Peer Counseling, Fragen der Assistenz und schließlich dem Zugang behinderter Menschen zum Arbeitsleben, was Ende der 90er Jahre in die Ausgründung der Access GmbH mündete: Mit Rückgriff auf das amerikanische Konzept der Unterstützten Beschäftigung (Supported Employment) ging Miederer in den Dialog mit Unternehmern und konnte Strukturen schaffen, die Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen zu Arbeitsplätzen verholfen haben. Dabei betont er, dass beim sozial verantwortlichen Unternehmertum stets beide Seiten profitierten. Für sein vielfältiges Engagement in der Behindertenbewegung erhielt er das Bundesverdienstkreuz und die Bayerische Staatsmedaille für Soziale Verdienste.

Es war klar, dass man sich engagieren muss, wenn man die eigenen Rahmenbedingungen ändern möchte, wenn sich unsere Gesellschaft ändern soll, dass man mit Politikern, mit Menschen aus den Verwaltungen ins Gespräch kommen muss, dass man Gedanken formulieren, Forderungen vertreten und durchsetzen muss. Und plötzlich waren wir an einem Punkt, an dem uns klar geworden ist, wir können das nicht mehr ehrenamtlich und nebenbei tun. Wenn wir unsere Vorstellungen konsequent umsetzen wollen, müssen wir das eben hauptberuflich machen.

Wenn es den Zivildienst nicht gegeben hätte, hätten wir heute eine absolut andere Gesellschaft, davon bin ich überzeugt. Der Zivildienst bedeutete nicht nur billige Arbeitskräfte, sondern vor allem auch eine soziale Sensibilisierung von großen und später einflussreichen Teilen unserer Gesellschaft. Junge Menschen in einer entscheidenden Phase ihres Lebens, nämlich zwischen Schule und Universität oder Berufsausbildung, sind vom Zivildienst geprägt worden. Ich glaube, dass unser Land heute noch davon zehrt. Viele Menschen, die heute in entscheidenden Positionen sind, waren früher Zivildienstleistende.

Ich erfahre, dass ein Unternehmer von der Wirklichkeit, die behinderte Arbeitskräfte mitbringen, viel lernen kann. Nicht jedes Unternehmen ist dafür geeignet, behinderte Menschen zu beschäftigen, aber viele sind es. Ein Kern der Arbeit bei Access besteht darin, dass wir auf die Mitarbeiter-Basics, auf die Wurzeln der Zusammenarbeit aufmerksam machen, indem wir Menschen mit Behinderungen und Unternehmen zusammenbringen und am Ende Arbeitsplätze entstehen, von denen das Unternehmen profitiert und der behinderte Arbeitnehmer, der sich durch seine Arbeit selbst ernähren kann.

Das ganze Interview finden Sie hier als PDF

Dieses Interview wurde geführt von Andreas Brüning.